Kommentar zur Überschrift des Welt am Sonntag Artikels: „Aufstand der Entrechteten“

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In der Arbeit bei VÄTER e.V. verstehen wir uns als Begleiter, als Unterstützer und als Ansprechpartner für Väterthemen und Väterprobleme. Und davon gibt es so einige.
Nach unserer Wahrnehmung und auf dem Boden langjähriger Erfahrungen in der Trennungsberatung können wir bestätigen:

Die Macht und Stellung der Mütter in unserer Kultur ist traditionell größer als die der Väter.

Zum Beispiel ist in Institutionen, die sich mit Trennung und Scheidung befassen, der Glaube verbreitet, dass kleine Kinder bei der Mutter besser aufgehoben wären als beim Vater: Wenn etwa im Gerichtssaal Eltern durch Richter und Gutachter auf ihre Erziehungskompetenz hin geprüft werden, um den besseren Aufenthaltsort des Kindes ermitteln zu können und man zu dem Schluss kommt, dass beide genau gleichwertige Erziehungsleistung erbracht haben, entscheiden die Gericht trotzdem immer zu Gunsten der Mutter. Jedenfalls ist mir kein anderer Fall bekannt.
Die Idee, dass das Kind bei der Mutter besser aufgehoben wäre, ist in den meisten Köpfen vorhanden. Das lässt sich in ein paar Zeilen Text so verdeutlichen:

Trägt ein Vater sein Kind gegen den Willen der Mutter auf seinen Armen zu seiner Wohnung, weiß man allgemein: Der Mann hat sein Kind entführt und die Familie traumatisiert.

Umgekehrt aber, wenn eine Mutter das Kind aus den Armen des Vaters reißt und zu Ihrem Haus flüchtet, weiß man: Sie hat das Kind vor dem gefährlichen Vater geschützt.

Mütter haben in Trennungs- und Scheidungsgesprächen bei den Jugendämtern oft die besseren Karten. Und auch diese These lässt sich an wenigen Sätzen belegen:

Wenn ein Trennungsvater im amtlichen Mediationsgespräch wütend wird und laut äußert, dass er sich in seinem Anliegen nicht respektiert fühlt, dann wird ihm seine Emotion mindestens als destruktiv, wenn nicht als Gewalt-nah ausgelegt. Eine besondere Erwähnung des Ereignisses kann sich dann leicht im Bericht bzw. in der Akte wiederfinden.

Fängt die Frau aber an auszurasten und attackiert den Ex mit Beschimpfungen und eindeutigen Beschreibungen seiner von ihr so erlebten Unfähigkeit, appelliert die Vermittlerin gerne mal an das soziale Gewissen zur Nachsicht: Den sie trägt ja die ganze Last, ist womöglich im Stich gelassen worden und benötigt Schonung.

Das Ungleichverhältnis bzw. die Ungleichbehandlung bezüglich der Elternschaft nach Trennung zwischen den Geschlechtern ist deutlich sichtbar.
Das deutsche Familienrecht hat über viele Jahre die Interessen und Belange der Väter aus gutem Grund erst langsam aufgenommen. Männer hatten in früheren Zeiten wenig Interesse an kleinen Kindern:

„Der Mann schenkte ihr ein Kind“ hieß es in älteren Tagen. Und er sorgte für den Lebensunterhalt. Nach einer Ehescheidung war klar, dass sie das, was er ihr geschenkt hatte, auch groß zog. Er selbst war dann weg. Für den sorgenden Vater gab es kein Recht, weil es dafür auch keine gesellschaftliche Nachfrage gab.

Das bedeutet für das Familienrecht, dass für die Väter, die nicht weg sein wollen, sondern aktiv Vaterschaft auch nach der Trennung leben wollen, erst neue Rechte entwickelt werden müssen – langsam, wie jede Gesetzgebung .
Die Väter sind also nicht direkt „ent-rechtet“. Es gibt eher einen Bedarf an „Rechtszuwachs“. Und so erhalten Väter über die Jahre sukzessive mehr Rechte und mehr Gehör bei der Rechtsprechung. Gewiss, es ist ein langsamer Zuwachs, der nach Beschleunigung ruft, wenn man die Vielzahl von Einzelfällen ansieht, in denen Väter als Randfiguren, Bittsteller, „notwendiges Übel“, „für das Kind nicht von erster Wichtigkeit“ oder gar als Familienfeind behandelt werden.

Worauf wir hinaus wollen: „Väter klagt nicht über eine defizitäre Gesetzgebung, sondern holt euch neue Rechte! Bleibt dran, um euer heutiges Anliegen – der aktive Umgang mit euren Kindern – in Gesetz und Rechtsprechung als wesentlich zu verankern bis es eine Selbstverständlichkeit wird.

Und bitte, definiert euch nicht als Opfer, als entrechtete Sklaven, als Leidtragende eines Unrecht sprechenden Staates. Denn wenn ihr das seid, so seid ihr womöglich bedauernswert, vielleicht arme Väter die Hilfe benötigen, eine Art caritativer Unterstützung … vielleicht auch von euren eigenen Kindern, die dann auf einmal wegen Papa glauben, traurig werden zu müssen, damit er genug Mitgefühl bekommt…